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1454/AB-BR BR

Die Bundesräte Mag. Himmer und Kollegen haben am 22. Dezember 1998 unter der Nr. 1561/J - BR/98 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Förderungen von linksextremen Zeitschriften gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2:

Der gemäß § 9 des Publizistikförderungsgesetzes 1984 eingerichtete Beirat besteht aus 19 Mitgliedern, die unterschiedliche Bereiche und weltanschauliche Richtungen vertreten. Ihm kommt beratende Funktion zu, wobei vor Verabschiedung eines Vorschlages - welcher jeweils der einfachen Mehrheit der Mitglieder bedarf - regelmäßig eine eingehende Diskussion innerhalb des Beirates stattfindet. Der Bundesregierung wird nicht das individuelle Stimmverhalten der einzelnen Mitglieder, sondern nur die Entscheidung der Mehrheit des Beirates mitgeteilt. Die Bundesregierung ist der Empfehlung des Beirates gefolgt.

Aus diesem Grund sehe ich auch keinen Anlaß für Maßnahmen im Sinn der Frage 2.

Zu den Fragen 3 und 4:

Ja es gab für beide Zeitschriften ein Gutachten.

Zu den Fragen 5 und 6:

Die Gutachten wurden entsprechend den Bestimmungen des § 7 Abs. 2a des Publizistikförderungsgesetzes 1984 in Zusammenhang mit den Erläuterungen (887 Blg. Nr. XX. GP, S 32) vom Bundeskanzleramt - Verfassungsdienst erstellt. Die - für die Gutachten maßgebliche - Auslegung der Tatbestände des § 7 Abs. 2 Publizistikförderungsgesetz 1984 kann unter der Voraussetzung, daß man - zumindest ansatzweise - eine staatliche Verantwortung für eine plurale Medienordnung bejaht, nicht losgelöst vom Gehalt des Art. 10 EMRK erfolgen. Zwar ist aus Art. 10 EMRK keine aktive Subventionsverpflichtung einzelner oder auch aller Medien abzuleiten; soferne der Staat jedoch die Medienförderung gesetzlich statuiert, sind die entsprechenden Gesetzesnormen am verfassungsrechtlich vorgegebenen Grundrechtsmaßstab zu messen Für die Vollziehung bedeutet dies das Gebot einer grundrechtskonformen - insbesondere auch im Lichte des Art. 10 EMRK vorgenommenen - Auslegung dieser Normen. Bei der Auslegung der Tatbestände des § 7 Abs. 2 Publizistikförderungsgesetz hat daher eine Abwägung zwischen dem Gebot der Erhaltung der Medienvielfalt einerseits und den aufgrund des Art. 10 Abs. 2 EMRK zulässigen, in einer demokratischen Gesellschaft (unbedingt) notwendigen Einschränkungen der Meinungs- und Medienfreiheit andererseits stattzufinden. Vor allem ist in diesem Zusammenhang auch die zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu beachten.

In diesem Sinne hat das Bundeskanzleramt - Verfassungsdienst die Prüfung des Vorliegens von Tatbestandsmäßigkeiten im Lichte des eben geschilderten Verhältnismäßigkeitsgebotes vorgenommen.

Im Zusammenhang mit dem Förderungsansuchen für die Zeitschrift "AKIN" kam das Bundeskanzleramt - Verfassungsdienst in seinem Gutachten gemäß § 7 Abs. 2a des Publizistikförderungsgesetz 1985 grundsätzlich - mit einer Ausnahme - zu dem Ergebnis, daß in dieser Zeitschrift in keinem Artikel im Beobachtungszeitraum eine tatbestandsmäßige Handlung im Sinne des § 7 Abs. 2 leg. cit. festzustellen war. Allerdings kann ein in einer Zeitschriftennummer des Jahrgangs 1998 befindlicher Satz als Aufruf im Sinne der Z 1 leg. cit. verstan - den werden. Auch wenn diese Passage nicht explizit zum Kampf gegen Rechtsstaat und Demokratie auffordert, so stellt sie nach dem Gutachten mittelbar aufgrund ihres proklamatorischen Charakters dennoch eine solche Aufforderung dar. Insofern erscheint die gegenständliche Passage tatbestandsmäßig im Sinne des § 7 Abs. 2 Z 1 Publizistikförderungsgesetz. Der Beirat schlug daher der Bundesregierung vor, das Förderungsansuchen für die Zeitschrift "AKIN" abzulehnen. Die Bundesregierung hat in ihrer Sitzung am 14. Dezember 1998 diesem Vorschlag folgend die Ablehnung des Förderungsansuchens beschlossen.

Für die Zeitschrift "TATBlatt" wurde im Gutachten festgestellt, daß keine Ausschließungsgründe im Sinne des § 7 Abs. 2 Z 1 bis Z 3 Publizistikförderungsgesetz 1984 im Beobachtungszeitraum 1996 bis 1998 vorliegen. Das Förderungsansuchen wurde dennoch vom Beirat zur Ablehnung vorgeschlagen, weil nach seiner Ansicht die inhaltlichen Förderungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Z 3 Publizistikförderungsgesetz ("staatsbürgerliche Bildung") als nicht erfüllt anzusehen sind. Die Bundesregierung ist bei ihrer Beschlußfassung dieser Beiratsempfehlung gefolgt und hat das Förderungsansuchen für die Zeitschrift "TATBlatt" wie in den Vorjahren abgelehnt.